Gerhard Birk,
Jahrgang 1938, wurde im ehemaligen Regierungsbezirk Breslau (heute Wojewodschaft
Dolnoslaskie) geboren; seine Familie wurde nach Kriegsende "umgesiedelt".
Bis 1951 lebte er bei Verwandten in Berlin und lernte nach der Schule zunächst
Buchhalter und Großhandelskaufmann. In der Abendschule machte er den Abschluss
der Mittleren Reife und legte an der Arbeiter- und Bauern-Fakultät das Abitur ab.
Nach dem Studium der Germanistik und Geschichte an der Pädagogischen Hochschule
Potsdam war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Kulturgeschichte
und am Zentralinstituts für Geschichte bei der Akademie der Wissenschaften.
1990 folgte schließlich die Berufung zum Vize-Chef des Brandenburgischen
Landeshauptarchivs. Seit 2000 Rentner, bietet der neuerliche Status erweiterte
Möglichkeiten: "Beschäftigung mit lebender Geschichte und eintauchen
ins pralle Leben", so formuliert es Gerhard Birk selbst.
Gespräche mit Zeitzeugen sind daher auch eines der wichtigsten Arbeitsinstrumente, bevor es an das Schreiben
geht. Daß in Archiven und in der Literatur recherchiert wird, versteht sich von selbst. Manchmal kommt
Hilfe von ungewöhnlicher Stelle hinzu: So hat Pfarrers Wort aus der Kanzel schon aus manchem reservierten
Dorfbewohner einen aufgeschlossenen Gesprächspartner gemacht...
Wer zu einem Buch aus der Feder von Gerhard Birk greift, ist auf der sicheren Seite und schlägt zwei Fliegen
mit einer Klappe: Er bereitet sich ein köstliches, kurzweiliges und nicht zu lange währendes Lesevergnügen
(Wer hat heute noch Zeit für endlose Romane?) und wird unmerklich mit einem erheblichen Wissenszuwachs über
das, was wir allgemein mit der Sammelbezeichnung "früher" abtun, ausgerüstet. Birk, promovierter
Historiker und Archivar mit Leib und Seele, hat im Schreiben von regionalgeschichtlichen Büchern für
jedermann möglicherweise seine eigentliche Berufung entdeckt. Den Mitmenschen ihre eigene Geschichte
nahezubringen oder gar wiederzugeben ist sein Anliegen. Hervorragendes Beispiel ist das Buch über Kerzendorf
aus der von Birk begründeten Reihe "Verwehte Spuren".
Der Kerzendorf-Titel setzt eine ganze Reihe von Veröffentlichungen des Ludwigsfelder Historikers fort:
Das historische Mosaik von Thyrow und das von Christinendorf gehören ebenso dazu wie der Lüdersdorf-Band
oder die sechs Folgen von "Ludwigsfelder Geschichte und Geschichten" zu DDR-Zeiten. "Ich
möchte den Ludwigsfeldern und den Bürgern der Ortsteile etwas in die Hand geben, das sie mit der Geschichte
und damit vertraut macht, daß sie eigentlich viele Gemeinsamkeiten haben", sagt Gerhard Birk.
"Die Fusion ist ein Verwaltungsvorgang. Bleibt es bei ihm allein, ist das ein totgeborenes Kind."
Das fehlende kulturelle Pendant zu liefern, ist Birks Anliegen; nicht zuletzt auch, weil er spürt, daß
"die Menschen nach Identität und nach Heimat suchen, sie aber im Zeitalter der schnellen elektronischen
Medien nicht finden".
Daß er sich mit seinen Veröffentlichungen den Lesegewohnheiten der heutigen Zeit anpassen muß, weiß der Autor
wohl. Und so stellen seine Arbeiten denn auch keine trockenen wissenschaftlichen Texte dar; es sind vielmehr
Episoden, "viele kurze Geschichten zur Geschichte" und soweit wie möglich illustriert. Authentisch
sind sie dennoch - ein Umstand, auf den der Wissenschaftler Wert legt.
Das größte Kompliment bekam Dr. Birk wahrscheinlich von Gloria von Schubert (Tochter von Lally Horstmann,
Enkelin von Dr. Paul von Schwabach). In einem sehr persönlichen Brief dankte sie ihm für das Buch
"Kerzendorf", sie habe es mit großer Anteilnahme gelesen, und die alten Kindheitserinnerungen
seien wiedergekommen.
Bei uns von ihm: Kerzendorf und Parochie Gröben, beide erschienen in der Reihe Verwehte Spuren
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